Musik hören in der Cloud 16. Oktober 2012 von

Musik hören, aber nicht besitzen

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Streaming-Dienste wie Spotify oder Simfy machen Musik jederzeit und von überall her zugänglich. Hat die Festplatte oder die CD-Sammlung ausgedient? Oder sind sie die Antwort auf geänderte Nutzungsgewohnheiten?

Gingen viele Beobachter zunächst davon aus, dass die klassische CD auf die Dauer vom bezahlten Download abgelöst wird, könnte mit Streaming-Anbietern eine weitere Transformation im Musikmarkt stattfinden. Bislang bleiben in Deutschland CD-Verkäufe noch vor Downloads und Streaming der größte Umsatzfaktor im Musikverkauf, aber die Streaming-Angebote haben in der Nutzung in letzter Zeit stark zugelegt.

Nach einer Umfrage des IT-Verbands Bitkom sollen bis zu 4,5 Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Streaming-Dienste nutzen. Manche sehen im Trend zum Streaming auch den Ausdruck eines grundlegenderen Wandels, der vom dauerhaften Besitz an Dingen zum Zugang zu Dienstleistungen und anderen Gütern geht (so etwa der Soziologe Jeremy Rifkin).

Tatsächlich ändern die Streaming-Dienste den Umgang mit Musik deutlich: Nahezu sämtliche Titel sind im Nu verfügbar, mit der Verbreitung von Smartphones und mobilem Internet auch von überall. Auch das klassische Album-Format könnte sich auf die Dauer auflösen, wenn Musik sich von ihrem materiellen Träger löst und in die Cloud wandert.

Vom Besitz zum Zugang

Auf der anderen Seite sind die Streaming-Angebote auch eine Antwort auf Nutzungsgewohnheiten, die schon lange bestehen und sich gar nicht so stark verändert haben. Über Tauschbörsen, Torrent-Systeme und Filehoster ist schon seit Jahren fast alle Musik verfügbar – nur nicht auf legalem Weg. Die legalen Alternativen hatten lange Zeit deutlich weniger Titel im Angebot und behinderten die Nutzung über verschiedene Geräte hinweg durch Kopierschutz-Systeme.

Mit kostenlosen Einstiegsangeboten versuchen die Streaming-Dienste nun, die Schwelle zum Wechseln möglichst niedrig zu gestalten und vor allem junge Hörer, die in den letzten Jahren oftmals durch Angstkampagnen und Abmahnungen vergrault wurden, für legale Angebote zurückzugewinnen.

Zugleich nutzen viele Menschen schon lange ausgiebig Video-Portale wie Youtube, Vimeo und so weiter – nicht nur zum Filme schauen, sondern auch zum Musikhören per Streaming. An die Stelle der Pflege einer Platten- oder CD-Sammlung tritt auf den Portalen das Verwalten von Playlisten; statt CDs zu tauschen oder sich gegenseitig zu brennen, schickt man sich Links zu.

Auch die neuen Streaming-Portale haben entsprechende Funktionen integriert und sind mehr oder weniger an soziale Netzwerke angebunden. Daher kann man sagen, dass die neuen Dienste den bestehenden Nutzungsgewohnheiten nur eine neue Form geben, während die bisherigen Angebote diese oftmals schlicht ignoriert hatten.