Datenverkehr 7. April 2014 von

US-Handelsamt wendet sich gegen „Schengen-Cloud“

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US-Handelsbeauftragter Michael Froman. Foto: UGW

Das Amt des US-Handelsvertreters (USTR) kritisiert die Überlegungen, einen deutschen oder europäischen Datenverkehr einzurichten, auch bekannt als „Schengen-Cloud“ oder „Schengen-Routing“. Das sei ein Hindernis für den grenzüberschreitenden Datenverkehr und Handel.

Hürden für den grenzüberschreitenden Datenverkehr seien eine „ernste und wachsende Sorge“, heißt es im Jahresbericht des US-Handelsvertreters (USTR) zum Thema Telekommunikation (PDF), der am Freitag veröffentlicht wurde, wie Reuters berichtet. Das USTR sieht die Routing-Pläne als neues Handelshemmnis, vergleichbar mit dem Internetgesetz der Türkei, das als weiteres Beispiel angeführt wird.

Die im Gefolge der NSA-Enthüllungen verstärkt diskutierten Routing-Vorschläge sehen vor, Daten nicht außer Landes oder aus Europa zu leiten, wenn Start und Ziel des Datentransports das nicht erfordern. In der jetzigen Netzarchitektur dagegen können Datenpakete alle denkbaren Wege nehmen, also zwischendrin auch andere Länder durchqueren. Ruft ein Nutzer in Deutschland zum Beispiel ein Webangebot aus Deutschland auf, kann die Anfrage trotzdem über andere Länder wandern, bis sie am Zielpunkt angekommen ist.

Das Handelsamt ist der Ansicht, die Pläne könnten ausländische Diensteanbieter diskrimieren oder ihre Angebote erschweren. Als Protagonist der Pläne genannt wird im Bericht die Deutsche Telekom, die für ein Schengen-Routing eintritt und den weiteren Vorschlag unterstützt, die Safe-Harbour-Vereinbarung neu zu verhandeln. Diese Vereinbarung regelt den Datenexport aus dem Europäischen Wirtschaftsraum in die USA.

USTR sieht europäischen Protektionismus

Das USTR bezeichnet diese Pläne nun als „drakonischen“, protektionistischen Ansatz. Ein verpflichtendes „Intra-EU-Routing“ könne möglicherweise auch gegen bestehende Handelsregelungen verstoßen, heißt es im Bericht weiter.

Das dem US-Präsidialamt unterstellte USTR vertritt international die Interessen der US-Industrie, etwa auch beim derzeit verhandelten TTIP-Freihandelsabkommen. Bekannt ist die „Special 301“-Liste des USTR, die aus US-Handelsperspektive unzureichende Urheber- und andere Schutzrechte der Staaten aufzählt und häufig Bemühungen auf internationalem Parkett nach sich zieht.

Über das Ideenstadium sind die Pläne für eine „Schengen-Cloud“ bislang noch nicht hinaus. Angela Merkel hat Sympathie für die Idee geäußert, die derzeitige EU-Digitalkommissarin Neelie Kroes zeigte sich im Oktober eher skeptisch. Im Interview mit iRights.info bezeichnete der Informatikprofessor Rüdiger Weis den Vorschlag einer „Schengen-Cloud“ als zwar verständliche Reaktion aus der Wirtschaft auf die NSA-Enthüllungen, allerdings seien Daten auch in Europa nicht davor sicher, ausgespäht zu werden.

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