Hintergrund Technik 16. Oktober 2012 von

Was bedeutet Cloud Computing?

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Viele nutzen Cloud-Services und laden ihre Fotos hoch ins Netz, hören Musik über Streaming-Dienste oder speichern ihre Dateien bei Google Drive oder Dropbox. Was genau steckt technisch hinter diesen Dienstleistungen? Wie definieren Informatiker die Cloud? Wir liefern die Hintergründe.

Wer Milch aus dem Kühlschrank nimmt, den Toaster anwirft oder die Schreibtischlampe einschaltet, denkt kaum darüber nach, wie das alles funktioniert. Kühlschrank, Toaster und Lampe brauchen Strom – der kommt aus der Steckdose. Wie er erzeugt wird und in die Haushalte kommt, wissen nur wenige Menschen.

Auf diese Weise hat der amerikanische Autor Nicholas Carr die Entwicklung zum Cloud Computing beschrieben: So wie Strom heutzutage aus der Steckdose kommt und wir ihn nicht mehr mit Dampfmaschine und Generator selbst erzeugen, so kommen auch Speicherplatz, Rechenkraft, Programme und andere Dienste „aus der Cloud”. Statt alles auf dem eigenen Rechner bereitzuhalten, wird eine Dienstleistung bei einem Anbieter daraus.

Damit verbunden ist auch eine weitere Entwicklung: Bei Musik, Filmen und anderen Inhalten kauft man als Kunde zunehmend nicht mehr einzelne Dateien zum Herunterladen, sondern zahlt den Zugang zu einem Repertoire per Streaming, gleich von welchem Ort. Damit hat man auch schon eine ungefähre Vorstellung davon, was Cloud Computing ist: Man nutzt Programme, Speicherplatz und viele weitere Anwendungen übers Internet. Dafür braucht man nur ein internetfähiges Gerät.

Eine strengere Definition von Cloud Computing liefert zum Beispiel das amerikanische Standardisierunginstitut NIST. Nach dessen weitverbreiteter Definition sind es fünf Merkmale, die Cloud Computing ausmachen (Selbstbedienung, Breitband-Netzwerkzugriff, Ressourcenbündelung, Flexibilität und Serviceüberwachung). Hier wird das lockerer gehandhabt, da der Begriff „Cloud“ mittlerweile für eine Vielzahl internetbasierter Dienste verwendet wird.

Entwicklung zur Cloud

Informatiker zeichnen in ihren schematischen Darstellungen schon lange eine Wolke, wenn sie das Internet meinen. Genau besehen geht es beim Cloud Computing nicht um eine einzige Cloud, sondern um viele. Die Wolke ist nur eine Metapher, hinter der sich eine komplexe technische Struktur von miteinander verbundenen Rechenzentren verbirgt. Die Ansätze hinter dem Konzept des Cloud Computings sind nicht neu, eher führt es verschiedene Entwicklungslinien zusammen. Forschungseinrichtungen zum Beispiel haben Computer schon lange zu Clustern zusammengeschaltet, die auch gemeinschaftlich genutzt wurden. Große Unternehmen wie etwa Banken und Versicherungen setzen schon sehr lange Großrechner (Mainframes) ein, die über kleine Terminals – nicht viel mehr als Bildschirm und Tastatur – bedient werden. Das passiert zum Teil noch heute.

Das Grundmuster des Cloud Computing erinnert daran, denn die eigentliche Technik (die Hardware und Software) liegt woanders. Neu daran ist das Internet, denn erst mit flächendeckenden Zugängen und immer günstigerer Technik konnten Cloud-Dienste für den einfachen Nutzer interessant werden.

Manche Anwendungen, die viele Merkmale von Cloud Computing aufweisen, sind alte Bekannte. Zum Beispiel die Webmail-Dienste von GMX oder Freenet. Auch Bilderdienste wie Flickr oder solche für Lesezeichen nutzen viele schon lange, ohne dabei an die Cloud zu denken. Die Entwicklung geht dahin, dass immer mehr Dienste und Anwendungen in die Cloud gehen. So kann man inzwischen nicht nur seine Fotos im Web speichern, sondern sie dort auch bearbeiten, anstatt eigens eine Bildbearbeitungssoftware zu installieren.

Chancen und Risiken

Glaubt man Industrieverbänden wie dem Bitkom, kann es gar nicht schnell genug damit gehen, alles in die Cloud zu verfrachten. Aber vor allem Unternehmen seien immer noch zu zögerlich, ihre Daten der Wolke anzuvertrauen. Auf der anderen Seite kritisiert etwa der Datenschutzverein Foebud die Entwicklung. Er hat seinen Negativpreis „Big Brother Award” zuletzt an „die Cloud” ganz allgemein verliehen und sieht in ihr einen Rückschritt. Denn wer seine Daten in die Wolke gibt, unterwerfe sich vollends der Kontrolle und dem guten Willen ihrer Eigentümer, also einigen wenigen Internetkonzernen.

Das sind die Pole der Diskussion, aber dazwischen gibt es Schattierungen. Sicher ist jedenfalls: Fast jeder wird in Zukunft etwas mit der Cloud zu tun haben, ob es einem bewusst ist oder nicht. So werden Cloud-Funktionen zum Beispiel immer stärker in elektronische Geräte integriert – etwa wenn der Fotoapparat die eigenen Bilder ins Netz hochladen kann oder das neue Smartphone anbietet, das Telefonbuch mit dem Mail-Adressbuch abzugleichen. Die Cloud wird damit immer mehr zum Standard und zum unmerklichen Begleiter. Schließlich sind solche Dienste enorm praktisch und zumindest auf den ersten Blick kostenlos. Wer will schon darauf achten, welche Daten, Inhalte und Dienste er wann auf welchem Gerät einmal brauchen könnte? Oder komplizierte Prozeduren für Backups einstudieren, falls eines mal den Geist aufgibt?

Neue und alte Fragen

Die Entwicklung zur Cloud ändert nicht nur unsere Nutzungsgewohnheiten, sondern betrifft die grundlegende Architektur des Internets – und damit die Frage, welche Rolle Nutzer, Dienste-Anbieter, IT-Unternehmen und so weiter dabei spielen. Das ist nichts neues. Vom Großrechner und Heim-PC über die Webportale der neunziger Jahre bis zum Web 2.0: Schon immer war die Entwicklung des Internets von solchen Auseinandersetzungen geprägt und der dezentrale Ansatz der frühen Tage des Internets war mehr oder weniger präsent. Sie war aber auch immer schon vielschichtiger: Man kann zwar Tendenzen und grobe Linien ausmachen, aber bei genauem Hinsehen sind zentrale und dezentrale Modelle ebenso ineinander verwoben wie Kontrolle und Ermächtigung der Nutzer.

Cloud Computing wirft solche Fragen und Auseinandersetzungen wieder auf. Wer hat Kontrolle über welche Daten und über welche Nutzungen? Ist der Nutzer am Ende der Verlierer, wenn statt des Allzweckwerkzeugs Computer nur noch beschnittene Endgeräte am Tropf der Wolke hängen? Wie lässt sich Datenschutz sichern, wenn die Datenschwärme in Sekundenbruchteilen über die halbe Erde und verschiedene Jurisdiktionen jagen? Hier bewegt sich einiges und definitive Antworten gibt es nicht immer. Und schließlich verändert der Trend zu Zugang statt Besitz bei digitalen Inhalten auch das Verhältnis zwischen Anbietern und Nutzern. Vieles, was etwa früher im Urheberrecht geregelt war (die Befugnisse des Verbrauchers) wird nun zum Gegenstand von Verträgen, in denen die Nutzer meist am kürzeren Hebel sitzen.

Worum geht es hier?

Umso wichtiger ist es zu wissen, was man tut: Was passiert mit den eigenen Daten? Wer hat Zugriff darauf? Wo sind sie sicher, wo nicht? Was sind die Geschäftsmodelle der Anbieter? Welche Rechte hat man als Nutzer, welche Verträge schließt man und welche Gesetz gelten dafür? Was sollte man noch beachten? Die hier versammelten Artikel behandeln das anhand der verschiedenen Angebote in der Cloud: Für Filme, Musik, Software, persönliche Dokumente und mehr. Außerdem gibt es einen allgemeinen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Aspekte: zum Urheberrecht, zum Datenschutz, zum Persönlichkeitsrecht und so weiter.

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