"Fluss der Cents" 1. Februar 2013 von

Musikstreaming: 1 Million Mal gespielt, nur 5000 Dollar verdient

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Legale Musik-Streaming-Dienste erobern den Markt. Doch welche Einnahmen kommen bei den Künstlern an? Die New York Times zeigt eine Branche zwischen Existenzangst und Zuversicht.

Das Prinzip wird immer beliebter: Statt eine CD zu kaufen oder ein Lied auf dem Computer als Download zu speichern, spielt der Nutzer Musik online ab (Streaming). Dienste wie Spotify, Simfy, Deezer und Pandora bieten dem Kunden gegen eine Abo-Gebühr von monatlich etwa 5 bis 10 Euro den Zugang zu mehreren Millionen Musiktiteln. Die New York Times widmet sich nun der Frage, wie Kreative und Musikmanager die Streaming-Revolution erleben. Eine Erkenntnis: Musiker werden selbst dann nicht unbedingt reich, wenn ihre Lieder millionenfach geklickt werden.

Die kalifornische Musikerin Zoe Keating dokumentiert ihre Streaming-Umsätze öffentlich. 2012 erhielt Keating demnach rund 550 US-Dollar dafür, dass ihre Lieder von Spotify-Kunden rund 131.000 Mal gestreamt wurden. Im Schnitt sind das 0,42 US-Cent pro Abruf. Um über Spotify-Klicks also auf monatliche Einnahmen von 2000 US-Dollar zu kommen, müssten Keatings Lieder etwa 5,8 Millionen Mal im Jahr geklickt werden.

Spotify selbst gibt zwar keine Zahlen an, die Recherchen der New York Times bestätigen aber die von Keating dokumentierten Größenordnungen. Die Zeitung zitiert einen Musik-Manager, wonach Spotify zwischen 0,5 und 0,7 Cent pro Abruf zahlt. Offen bleibt, ob damit die Ausschüttung an den Künstler selbst gemeint ist, oder die Umsatzbeteiligung von Musiklabels noch mitzudenken ist.

In jedem Fall macht der Blick auf die Zahlen macht schnell klar, wie schwierig es für Musiker ist, allein mit Streaming-Umsätzen über die Runden zu kommen. Wer erzielt mit seinen Werken schon Millionen von Klicks? Im Fall von Musikrichtungen wie Klassik oder Jazz verurteile man die Musiker zur Armut, wenn Menschen nur noch Streaming-Dienste nutzen, meint Keating. In der Branche nenne man die Musik-Streaming-Umsätze schon spöttisch den „Fluss der Cents“ („river of nickels“), schreibt die New York Times.

Markt noch am Anfang

Nun ließen sich zahlreiche Vergleiche zur Frage anstellen, ob Musiker in Zeiten des CD-Verkaufs und der Musik-Downloads besser gestellt waren. Die New York Times berichtet, ein Musiker verdiene an einem 99-Cent teuren Download seines Liedes bei iTunes zwischen 7 und 10 Cent, also leicht das 20-Fache im Vergleich zum Abruf bei einem Musikstreaming-Dienst. Allerdings sind Vergleiche zwischen den Nutzungsformen schwierig. Vielleicht erzielen manche Künstler dank der Streaming-Dienste auch erstmalig Einnahmen durch ein neues Publikum. Nutzer, die sich ein Lied nicht als Download oder eine CD gekauft hätten, hören nun vielleicht über einen Streaming-Dienst rein – sie haben ja keine zusätzlichen Kosten, sondern zahlen eine Art Flatrate. Auch könnte ein Nutzer einen Titel im Streaming-Dienst mehr als 20-Mal hören. Dann hätte der Künstler sogar mehr Einnahmen, als wenn derselbe Nutzer das Lied einmalig als Download bezogen hätte.

Die Musikindustrie blickt mit gemischten Gefühlen auf den Streaming-Trend. Die einen fürchten die Kannibalisierung des noch profitableren CD-Marktes – dessen Umsätze weltweit tatsächlich stagnieren. Die anderen hoffen, gegenüber den Streaming-Diensten langfristig höhere Lizenzgebühren durchzusetzen. Damit würde sich eine Entwicklung wiederholen. Auch als die CD eingeführt wurde, erhielten die Künstler vergleichsweise geringe Tantiemen, was sich mit dem Durchbruch des neuen Werkträgers änderte.

Gespannt darf die Branche auch die Verhandlungsmacht bekannter Musiker beobachten. Kann ein Streaming-Dienst seinen Abonnenten Künstler wie Madonna, Lana del Rey und U2 vorenthalten? Können es sich Musiker wie die Roling Stones, Robbie Williams oder Adele noch leisten, mit ihrem Repertoire nicht auf den Streaming-Plattformen präsent zu sein, oder geraten sie dann in Vergessenheit? Solche prinzipiellen Erwägungen könnten eine Rolle spielen, wenn die Einnahmen der Musiker auf dem neuen Markt neu ausgehandelt werden.

Mehr zum Thema Musikstreaming hat iRights in der Rubrik “Musik in der Cloud” zusammengestellt.

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