Games in der Cloud 16. Oktober 2012 von John Weitzmann

Virtuelle Gegenstände und Werte

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Rund um Spiele sind regelrechte Wirtschaftssysteme erwachsen. Man kann Ausrüstungsgegenstände, virtuelle Häuser oder einen höheren Spielstatus kaufen. Bei manchen Spielen gibt es auch virtuelles Geld. Viele Nutzer haben beträchtliche Zeit und oft auch reales Geld in die Spiele gesteckt. Welche Rechte haben sie an ihren Spiel-Objekten?

Bei Spielen geht es einen übergeordneten Spannungsbogen. Die Spielenden begeben sich auf eine Reise, deren Ziel es ist, entweder eine Aufgabe zu meistern, Punkte zu sammeln oder die eigene Spielfigur zu einem höheren Status aufzuwerten. Ähnlich liegt es bei virtuellen Spielgegenständen. Bei vielen Simulationsspielen kann man Gegenstände wie Häuser für die virtuelle Stadt oder Samen für den virtuellen Bauernhof kaufen, bei Kampfspielen bessere Waffen und Ausrüstungsgegenstände. All das existiert nur in der Spiele-Cloud.

Bezahlt wird dafür aber entweder mit hohem Zeitaufwand oder mit wirklichem Geld. Letzteres macht vor allem bei Freemium-Spielen den Kern des Geschäftsmodells des Spiele-Anbieters aus. Oder man zahlt ganz klassisch einen Kaufpreis für eine Kopie des Spiels oder einen monatlichen Betrag für ein Abonnement mit bestimmter Laufzeit bei Spielen, die nur bei aktivem Nutzer-Account gespielt werden können.

Über die Zeit gesehen, kann man viel Zeit und Geld in ein Spiel investieren. Das drückt sich in führenden Positionen in der Bestenliste, in gewonnen virtuellen Medaillen oder im Besitz besonders seltener, schwer zu erlangender Extras aus. In Lebenssimulationsspielen wie „Everquest“ oder „Second Life“ kann man sogar virtuelles Land erwerben. Rund um solche Spiele mit teilweise Millionen von Teilnehmern existieren inzwischen Schwarzmärkte, auf denen man für teures Geld von virtuellen Gegenständen bis fertig aufgebauten Spielcharakteren alles mögliche kaufen kann. Schwarz sind diese Märkte deshalb, weil die Spiele-Anbieter den Handel mit virtuellen Gegenständen aus ihrer Spiele-Welt normalerweise ganz untersagen oder nur auf Plattformen erlauben, die sie selbst kontrollieren.

Die Spielregeln macht der Anbieter

Was aber, wenn der Spiele-Anbieter pleite geht oder die Spielregeln ändert? Das kann geschehen, indem die Mechanik des Spiels so umprogrammiert wird, dass bereits erworbene virtuelle Gegenstände plötzlich keine Wirkung haben oder ganz verschwinden. Oder es gibt eine Änderung der Nutzungsbedingungen, die zur Deaktivierung des Nutzer-Accounts führt, wenn der Nutzer sie nicht akzeptiert. In diesen Fällen hat der Nutzer keine Kontrolle darüber, was mit seinen hart erspielten Spielständen, teuer bezahlten virtuellen Gegenständen oder Zugangsrechten zu Spielen passiert.

Wer trotz alledem nicht auf virtuelle Schätze verzichten möchte, sollte in regelmäßigen Abständen lokal (also gerade nicht in der Cloud des Spiele-Anbieters) dokumentieren, welche Spielstände, virtuellen Gegenstände und Zugänge er erworben hat. Notfalls kann das durch Screenshots geschehen. Es hilft im Streitfall, Ersatzansprüche des Nutzers zu beweisen.

Welche Rechte habe ich?

Virtuelle Gegenstände und Wirtschaftssysteme sind juristisch noch teilweise Neuland. Gerichte haben es zumindest in den USA bisher abgelehnt, ein Eigentumsrecht an virtuellen Dingen anzuerkennen. Aus ihrer Sicht werden vielmehr Lizenzen an den virtuellen Gütern erworben. Laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Spiele-Anbieter (bei Spielen aus dem anglo-amerikanischen Raum meist als „End User License Agreement“ (EULA) betitelt) ist und bleibt bei Online-Spielen in der Regel der Anbieter alleiniger Inhaber aller Rechte an sämtlichen Objekten, die innerhalb der Spielewelt vorhanden sind. Das soll laut diesen EULA sogar für solche Objekte gelten, die durch Nutzer – vorausgesetzt das geht überhaupt – selbst entworfen wurden.

Als Nutzer ist man auf Basis der AGB beziehungsweise EULA also weitgehend rechtlos. Wenn darin irgendwo vorgesehen ist, dass der Nutzer im Spiel eine Lizenz (also ein Nutzungsrecht) an virtuellen Objekten erhalten kann, ist meist zugleich ebenso vorgesehen, dass dieses Recht ohne Grund jederzeit durch den Spiele-Anbieter widerrufen werden kann. Die Erfahrung mit AGB im Zusammenhang mit Internetdiensten lehrt zwar, dass diese gegenüber Verbrauchern oft nicht vollumfänglich wirksam sind. Das nützt einem Nutzer jedoch nur wenig, denn zum einen ist die Wirksamkeit ohne professionelle Hilfe kaum zu überprüfen, zum anderen sitzen viele Spiele-Anbieter im Ausland, was die Durchsetzung von Verbraucherrechten schwierig macht.

Wer bezahlt hat, hat mehr Rechte

Deshalb gleich aufgeben? Nicht unbedingt. Je direkter der Erwerb eines virtuellen Gegenstandes oder Status mit einer bestimmten Geldzahlung zusammenhängt, desto größer sind die Chancen, sich erfolgreich juristisch gegen willkürliche Eingriffe zu wehren. Wenn ich also zum Beispiel für eine magische Rüstung in einem Spiel unmittelbar Geld an den Spiele-Anbieter gezahlt habe, habe ich als Nutzer ziemlich sicher das Recht erworben, diese Rüstung auch nutzen zu können und muss es mir nicht gefallen lassen, dass sie plötzlich ohne Begründung aus dem Spiel gelöscht wird.

Gegenbeispiel wäre ein virtueller Gegenstand, den ich nur aufgrund irgendwelcher besonderen spielerischen Leistungen erhalten, weil ich ein bestimmtes Monster im Spiel besiegt habe. So etwas ist eher Ausdruck einer bestimmten Spielmechanik und mithin der Spielregeln, der ich mich durch Einstieg ins Spiel unterworfen habe und die der Anbieter nach eigenem Ermessen verändern darf.

Besser wird die Position der Nutzer dann, wenn es eine offizielle Verbindung zwischen virtuellen Gütern und der physischen Welt gibt, wenn zum Beispiel die Punkte oder virtuellen Währungseinheiten eines Spiels erlaubterweise in echte Dollar oder Euro umgetauscht werden können (und sei es auch nur indirekt dadurch, dass man dafür irgendwelche Rabatte bei bestimmten Handelsketten erhält oder ähnliches).

Es gelten dann nach verbreiteter juristischer Ansicht die rechtlichen Regelungen zu Gutscheinen und anderen währungsähnlichen Papieren. Sie werden also bei Rechtsstreitigkeiten entsprechend angewendet. Das bedeutet, dass die Zusage, Punkte könnten eingelöst werden, auch eingehalten werden muss und eingeklagt werden kann. Ist einzig ein Rabatt oder ein Eintauschen gegen Sachen vorgesehen, kann eine Auszahlung des Wertes in Geld nur verlangt werden, wenn das Eintauschen gegen Rabatt oder Sache nicht mehr möglich ist, weil etwa die einzutauschende Sache nicht mehr hergestellt wird und entsprechend nicht nachbestellt werden kann.